Zeitzeichen "Depression"

Gestern war in den Nachrichten "Depression" ein großes Thema. Darin wurde festgestellt, dass hierzulande immer mehr Menschen unter Depressionen leiden.

Das ist kein Wunder, denn:

Mit zunehmender Ungleichverteilung der Einkommen und Chancen nehmen alle gesellschaftlichen Probleme zu - bei Armen wie bei Reichen: Ängste, Depressionen, Stress, Konkurrenz, soziale Verwahrlosung, Gewalt, Wettrüsten der Statussymbole. Mehr Wirtschaftswachstum beflügelt weder die Lebenserwartung noch die Lebensqualität, es verschärft vielmehr nahezu alle sozialen Probleme und unterminiert das gesellschaftliche Zusammenleben.

Zu diesem Schluss kommen die beiden Epidemiologen Richard Wilkinson und Kate Picket in ihrem Buch "Gleichheit ist Glück - Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind" (deutsche Fassung, Zweitausendeins, Frankfurt am Main 2009). Englisches Original: "The Spirit level - Why Greater Equality makes Societies Stronger", New York 2010).

Epidemiologen, dass sind Wissenschaftler, die sich mit zeittypischen Zivilisationsschäden und Massenerkrankungen beschäftigen. Wirklich eine akribische Arbeit, was die beiden da alles ausgewertet und zusammen getragen haben ohne die übliche Kurzatmigkeit und Aufgeregtheit.

Dazu der Independent:

Compelling and shocking. All free marketers should be made to memorize it from cover to cover

Frei übersetzt: Verstörend und schockierend. Alle Marktradikalen sollten sich dieses Buch hinter die Ohren schreiben - von Buchdeckel zu Buchdeckel!

Womit ich mal wieder bei "meinem" Neoliberalismus wäre. Den ich wegen diesem allen so gerne anprangere , was die "free marketers" wiederum gerne anprangern. Weshalb ich aber gerade deshalb nicht müde werde, auf das Problem des "Neoliberalismus" hinzuweisen, nämlich dass er uns ein "menschliches" Leben ohne Stress und Furcht (z.B. Furcht vor "Outsourcing", Arbeitslosigkeit) so unheimlich schwer macht. Und weshalb ich auch nochmal auf meinen Beitrag von gestern hinweise: Wir müssen zu einer gerechteren Verteilung kommen. Die Verhältnisse schreien derart zum Himmel, dass ich das Politik- und Journalistengezeter "Wir müssen die Steuern senken" inzwischen nicht mehr hören kann (hierzu siehe den Beitrag "Steuerpolitik - Die Großen belasten, die Kleinen entlasten"!).

**Was im übrigen für "die Großen" gar nicht schlimm wäre, weil ihnen ihr überzogener Wohlstand anscheinend selber nicht mehr so richtig bekommt. So jedenfalls meine Eindrücke aus der Welt der Schönen und Reichen, wenn ich Sendungen verfolge wie z.B. auf RTL "Exklusive" oder NTV "Deluxe - Alles was Spaß macht". Wie sie dort stolz mit ihren von Botox aufgeblasenen Gesichtern ihr hunderttausendstes Paar Schuhe und das fünfzigste Schlafzimmer vorführen sehe oder "shoppen" gehen sehe. Shoppen gehen kann schön sein, es kann aber auch eine Sucht sein, mit voll dahinterstehender Depression, die sich spätestens dann zeigt, wenn sie mal nicht shoppen gehen. Aber dann ist das Fernsehen ja nicht mehr dabei.

Womit ich wieder bei den beiden Epidemiologen wäre (siehe oben).

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