Das Lambsdorff-Papier

Die praktische Umsetzung der neoliberalen Theorien begann 1979 in Großbritannien mit dem Thatcherismus , setzte sich 1982 mit den Reagonomics in den USA fort. In Deutschland erfuhr sie 1982 als "geistig moralische Wende" einen weiteren Höhepunkt und wird auch heute weiter fortgeschrieben. Auslöser für Deutschland war das „Lambsdorff-Papier“, das am 9. September 1982 im FDP-Parteiorgan „Neue Bonner Depesche“ als "Konzept für eine Politik zur Überwindung des Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" veröffentlicht wurde.

Thatcherismus 1979-1990

"Thatcherismus" ist die Bezeichnung für das von 1979 bis 1990 unter der Federführung der englischen Premierministerin Margaret Thatcher praktizierte Modell eines radikalen wirtschaftlichen und politischen Liberalismus in Großbritannien im Rahmen einer strikt angebotsorientierten, monetaristischen Wirtschaftspolitik, verbunden mit starken Etatkürzungen in den Bereichen Sozialpolitik, Bildung und Umweltschutz. Diese Politik führte zwar zu einer Belebung der Konjunktur und Inflationseindämmung, andererseits allerdings zu einem exorbitanten Anstieg der Arbeitslosenquote und zu einer Verschärfung der Kluft zwischen Arm und Reich, deren Auswirkung gerade heute wieder zu spüren ist (Unruhen in London, August 2011).

Reagonomics 1981-1989

"Reagonomics", auch Reaganomics, steht für die von dem amerikanischen Präsidenten Ronald Reagan (US-Präsident von 1981 bis 1989) praktizierte Wirtschaftspolitik einer rigorosen Sparpolitik auf Kosten der sozial Schwachen einerseits und Steuerentlastungen zusammen mit umfangreichen „Deregulierungen“ andererseits. Die Arbeitslosigkeit stieg (Quellen sämtlich Wikipedia).

Die Ergebnisse von Thatcherismus und Reagonomics verdeutlichen bereits das Problem: Kann es wirklich das Ziel „solider“ Wirtschafts-, Finanz- und Gesellschaftspolitik sein, die Arbeitslosigkeit und die Verschärfung der Kluft zwischen Arm und Reich zu fördern, mindestens jedoch billigend in Kauf zu nehmen? Oder ist eine solche Politik, mag sie auch noch so schön von Theorien untermauert sein, orientiert am letztendlichen Ergebnis für die Menschen nicht einfach falsch?

Das Lambsdorffpapier (Helmut Kohls "geistig-moralische Wende") von 1982 bis heute

Die "geistig-moralische Wende" wurde 1982 im Zuge des Machtwechsels von der damaligen SPD/FDP-Koalition unter Bundeskanzler Helmut Schmidt hin zu einer CDU/FDP-Koalition unter dem neuen Bundeskanzler Helmut Kohl ausgerufen. Auslöser war das „Lambsdorff-Papier“, das am 9. September 1982 im FDP-Parteiorgan „Neue Bonner Depesche“ als "Konzept für eine Politik zur Überwindung des Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit" veröffentlicht wurde.
Der Namensgeber des Papiers war der damalige Bundeswirtschaftsminister Otto Graf Lambsdorff (F.D.P.) . Maßgeblich geschrieben wurde es aber von Hans Tietmeyer, dem späteren Bundesbankchef (in dieser Funktion auch Mitarbeiter des Internationalen Währungsfonds) und Kuratoriums-Vorsitzenden der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“.

Das "Lambsdorff-Papier" liest sich aus heutiger Sicht wie ein Drehbuch für alle Bundesregierungen von 1982 bis heute! Mit ihm wollen wir uns deshalb besonders beschäftigen und seine wirtschaftspolitischen Ansätze wie auch die tatsächlich eingetretene Entwicklung von 1982 bis heute nachzeichnen. Was ist daraus geworden? Versprochen – Gehalten? „Mission accomplished“?

Die "Mission" des Lambsdorff-Papiers

Die Mission, der Auftrag des Lambsdorff-Papiers, im Sinne der geistig-moralischen Wende war gemäß seinem Titel einerseits die Wachstumsförderung, aber vor allem eines: "Bekämpfung der Arbeitslosigkeit". "Die schlimmste soziale Unausgewogenheit wäre eine andauernde Arbeitslosigkeit von 2 Millionen Arbeitslosen oder gar noch mehr", so das Lambsdorffpapier auf Seite 6.

Seine Analyse:

Schon zu Anfang der Analyse wird im Kern also die bis heute unverdrossen wiederholte neoliberale Überzeugung geäußert, man müsse es der Wirtschaft nur genug recht machen: Steuern senken, Sozialleistungen kürzen, Staatsverschuldung abbauen, dann kämen Wachstum, Aufschwung und Beschäftigung von allein.

Es ist wirklich bemerkenswert, wie sich etwas 1982 Geschriebenes in seiner gesamten Argumentationslinie über dreißig Jahre fast wortgleich bis in die heutigen Tage gehalten hat und uns immer wieder als neue Erkenntnis verlautbart wird.

Das Lambsdorff-Papier und die Folgen

Mission Accomplished?
Interessant ist ja nun die Frage, was aus all diesen Grundüberzeugungen und Lösungsvorschlägen tatsächlich geworden ist! Ist z.B. die 1982 als Hauptproblem identifizierte Arbeitslosigkeit erfolgreich „bekämpft“ worden? Oder die Staatsverschuldung? _Wurde mit immer mehr marktwirtschaftlicher Freiheit, "Abbau von Handelshemmnissen", Renditeorientierung und verstärktem „Fördern und Fordern“ die laut Lambsdorffpapier "schlimmste" soziale Unausgewogenheit, die Arbeitslosigkeit beseitigt?
Arbeitslosigkeit:

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